Ist Immobilieneigentum jetzt unbezahlbar?

Ein Blick auf die Situation

Zinskonditionen um die 4%, eine hohe Inflation und noch immer teure Immobilienpreise – da löst sich bei vielen der Traum von den eigenen vier Wänden in Rauch auf. Aber muss das wirklich so sein?

Auf den ersten Blick mag es durchaus so aussehen. Aber bei genauerem Hinsehen, zeichnet sich ein anderes Bild der momentanen Situation. Das Handelsblatt Research Institut hat dazu eine interessante Berechnung gemacht. Dabei wurden die wichtigsten Parameter, wie Einkommen, Inflation und Zinskonditionen betrachtet. Und das Ergebnis ist verblüffend. Anfang der 80iger Jahre, so die Experten, war es viermal schwerer ins eigene Haus oder die eigene Wohnung zu kommen als heute. Derzeit läge die Erschwinglichkeit von Immobilieneigentum ungefähr auf dem Niveau von 2008. Zwar seien die Immobilienpreise und die Zinsen gestiegen, aber die Löhne im Gegenzug ebenfalls. Berücksichtigt man die Inflation seien die Immobilienpreise in Deutschland seit 1980 nur um 15 Prozent gestiegen - die Löhne dagegen um 40 Prozent. Zudem läge das Zinsniveau historisch gesehen noch immer niedrig, so die Experten.

 

Gestiegene Ansprüche

Warum werfen dann aber aktuell so viele Menschen die Flinte ins Korn, wenn es ums Eigenheim geht? Psychologen vermuten dahinter, dass sich viele nach dem Kauf eines Hauses oder einer Wohnung finanziell einschränken müssten, dies aber nicht wollen. Viele potenzielle Käufer, die gerne regelmäßig in den Urlaub fahren oder ins  Restaurant gehen, müssten diese liebgewonnenen Gewohnheiten zum Teil aufgeben um sich die Raten an die Bank leisten zu können. Ein Kompromiss, den nicht alle machen wollen. Und noch eine Entwicklung ist zu beobachten: Früher kauften sich vor allem jüngere Paare auch schon mal ein Haus, bei dem es viel zu modernisieren gab. Nach Feierabend und an den Wochenenden ging es auf die Baustelle. Eine Möglichkeit ins eigene Haus zu kommen, die immer weniger Begeisterung bei potenziellen Käufern auslöst. Zudem besitzen viele Akademiker auch schlicht nicht mehr die handwerklichen Fähigkeiten, wie sie vor einigen Jahren noch bei vielen vorhanden waren.

Mehr Wohnraum

Während in den Jahren nach dem Krieg der Wohnraum in Deutschland bei 15 Quadratmetern pro Kopf lag, waren es Ende 2021 rund 47 Quadratmeter. Und wer größere Wohnungen haben will, muss in der Regel auch mehr für die Immobilie bezahlen. Laut dem Wohnungsforschungsinstitut Empirica haben die Haushalte von 30- bis 49-Jährigen im Durchschnitt die größten Wohnungen. So gehören heute in einem Neubauhaus zwei Bäder schon genauso oft zum Standard wie das eigene Zimmer für jedes Kind. Sieht man sich die Wohnhäuser älterer Haushalte an, sucht man das meist vergeblich. Zwar wohnen ältere Menschen heute oft auf verhältnismäßig großem Wohnraum aber nur deshalb, weil die Kinder aus dem Haus sind. Die Häuser selbst haben meist deutlich weniger Wohnfläche als heutige Neubauten.

 

Im internationalen Vergleich niedriger Preisanstieg

Der Preisanstieg bei deutschen Immobilien ist tatsächlich eher gering. Besonders wenn man ihn mit dem europäischen Ausland vergleicht. In Großbritannien haben sich die Immobilienpreise seit 1970 fast verfünffacht, in Frankreich wurde es um satte 165 Prozent teurer. Das liegt auch daran, dass in Deutschland die Inflationsrate meist sehr niedrig im Vergleich zu diesen Ländern war.


„Spaßbremse“ Kaufnebenkosten

Seit dem Zinsanstieg ist es ratsam, die so genannten Kaufnebenkosten aus eigener Tasche zu stemmen. Aber hier müssen viele potenzielle Käufer passen. Denn die Gebühren für den Makler, die Notarkosten und die Grunderwerbsteuer können sich schnell auf mehrere Zehntausend Euro belaufen. Statt Käufer bei ihrem Vorhaben zu unterstützen, tritt der Staat also ordentlich auf die Bremse bzw. hält die Hand auf. Zur Erinnerung: Bis 1983 war selbst bewohntes Immobilieneigentum von der Grunderwerbsteuer befreit! Erst danach wurde die Grunderwerbsteuer Ländersache. Eigentlich dachte der Staat, die Länder senken die Steuer, damit die Standorte attraktiver werden. Aber das Gegenteil war der Fall. Bis auf Bayern, wo die Grunderwerbsteuer noch bei 3,5 % liegt, greifen alle anderen Bundesländer den Käufern tief in die Tasche. Je nach Bundesland fallen bis zu 6,5% des Kaufpreises an.

 

Die Lage ist für Käufer besser als gedacht

Trotz hoher Kaufnebenkosten ist die Situation für einen Immobilienkauf in Deutschland derzeit nicht schlecht. Auch wenn es sich anders anfühlt. Das Problem: „Sowohl Verkäufer als auch Käufer vergleichen die Lage noch immer mit der vergangenen Niedrigzinsphase. Die ist aber die absolute Ausnahme gewesen. Die Zinsen, die wir heute sehen, sind eigentlich auf einem normalen oder sogar noch niedrigen Niveau“, so Carsten Busch, Finanzierungsexperte bei Busch Baufinanzierungen. Er rät allen, die sich eine eigene Immobilie wünschen, den Traum nicht aufzugeben. Denn einerseits stünden die Chancen gut, dass der Kaufpreis zu verhandeln ist und andererseits, sei Immobilieneigentum noch immer der beste Weg für einen soliden Vermögensaufbau.

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Mieten steigen und steigen

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Gibt`s bald was auf´s Dach?